Unser Weg

Kalandshof

Gründerzeit auf dem Kalandshof

Der 21. Juni 1920 ist das Gründungsdatum des Lutherstiftes. Es wurde unter dem Namen „Diakonenanstalt Lutherstift zu Rotenburg/Han. e.V.“ in das Vereinsregister eingetragen.
Nach dem Stephanstift Hannover (gegründet 1869) wird das Lutherstift ein zweiter Ort zur Ausbildung von Diakonen in der Hannoverschen Landeskirche.

Wie kam es dazu?
1903 war der Kalandshof

am Stadtrand von Rotenburg entstanden, eine Erziehungseinrichtung für schwererziehbare männliche Jugendliche, die hier zu selbständiger Berufsarbeit vorbereitet werden und zu sozialer Eingliederung auf christlicher Grundlage erzogen werden sollten.
Mit der Gründung eines Brüderhauses soll erreicht werden, dass christlich geprägte Diakone eine konstante Verlässlichkeit für den Erziehungsauftrag gewährleisten.

Eine zweite Begründung ist es, dass neben der Zurüstung für „alle Werke christlicher Barmherzigkeit“ die Ausbildung guter Gemeindediakone für die Mitarbeit in Kirchengemeinden durchgeführt wird.

Dem Bemühen von Pastor Paul Oehlkers, Vorsteher des Stephanstiftes ist es zu verdanken, dass in einer politisch und wirtschaftlich schwierigen Zeit eine neue eigenständige, vom christlichen Geist geprägte Einrichtung entstand.

Damit dem Projekt Erfolg beschieden sei, schickte er „seinen besten Mann“ nach Rotenburg zur Leitung des Kalandshofes und der neuen Diakonen-anstalt Lutherstift: Pastor Hermann Müller.

Lernen für das Leben und den Beruf
Hier auf dem Kalandshof in Rotenburg lernten und arbeiteten die Brüder während des ersten Jahrzehnts. Der Anfang war klein und bescheiden – der Unterricht begann am 15. April 1921 mit drei Brüdern.

Ziel der Ausbildung war es, junge Männer „für alle Werke der Barmherzigkeit“ in der Inneren Mission auszurüsten. Zunächst war die praktische Tätigkeit auf die Erziehungsarbeit ausgerichtet. Nach einigen Jahren wurden Diakone erstmals auch in Gemeinden entsandt.

1924 kam ein neuer Zweig hinzu: Es war die erste Außenstelle der Niedersächsisch-lutherischen Volkshochschule in Hermannsburg. Leider wurde dieser Zweig angeblich aus Raumgründen schon nach 2 Jahren beendet. Schon 1929 musste die Fürsorge-Erziehungsarbeit Kalandshof aus wirtschaftlichen Gründen beendet werden. Der Kalandshof wurde zu einer Abteilung des „Rotenburger Asyls“ umgestaltet.
Entsprechend wird die Aufgabe des Lutherstifts verändert. Es soll jetzt in erster Linie eine Pflegeschule sein mit den Zweigen Irrenpflege und Krankenpflege für die Arbeit an den Pfleglingen in den Rotenburger Anstalten.
Die Posaunenarbeit spielte weiterhin eine wichtige Rolle- sowohl im Unterricht als auch zur Chorleiterbefähigung.
Am Brüdertag 1928 wurden erstmals 6 Männer zu Diakonen eingesegnet.
1935 gehörten 65 Diakone zur Brüderschaft des Lutherstiftes.
Die Mehrzahl war im Pflegedienst in Rotenburg tätig, einige wenige als Gemeindediakone, in Erziehungsanstalten und in Krankenhäusern außerhalb von Rotenburg.

Verstrickungen
In den folgenden Jahren gab es viele Abwanderungen.
Es ist die Zeit, in der der Druck des totalitären Nationalsozialismus auf das Volk und insbesondere auf die Jugend immer stärker wird. Fast niemand kann sich entziehen, in der NSDAP oder in einer ihrer Gliederungen wie HJ, SA, NSKK Mitglied zu werden .Es sind die politischen Gruppen, die eine rassisch-völkische Gegenwirkung zum christlichen Glauben zum Ziel haben.
Kranke und behinderte Menschen werden als minderwertig und lebensunwert diffamiert. Durch die 1936 staatlich verordnete Pflegegeldherabsetzung fällt jeglicher Zuschuss für die Diakonenausbildung fort. Viele Brüder sehen im Reichsarbeitsdienst (RAD ) oder in der Wehrmacht bessere Berufsperspektiven.
Die letzten im Unterricht befindlichen Diakonenschüler werden zur Überbrückung des Pflegenotstandes benötigt.
Der Brüderlehrer Bunke muss entlassen werden.
Ehrenamtlich wurden jetzt noch 3 Diakonenschüler in ihrer dienstfreien Zeit einmal wöchentlich unterrichtet.

1939 sind von den 41 verbliebenen Diakonen des Lutherstiftes mehr als 60% Mitglied der NS-Partei oder der SA.

Mit Kriegsbeginn im September 1939 wurden nach und nach fast alle Brüder zum Kriegsdienst eingezogen. Sieben verloren in diesem Krieg ihr Leben.

Die vorherrschenden Erlebnisse jener Zeit waren geprägt vom Krieg, von den erschreckenden Frontberichten, von persönlichen und familiären Schicksalsschlägen, von Zweifeln und Unsicherheiten für die Zukunft.
Hinter der Front und in der Heimat, bürokratisch getarnt mit dem Schein des Rechts, wurde eiskalt kalkuliert.
Der überwiegende Teil der Rotenburger Pflegebefohlenen wurde in andere Anstalten verlegt, angeblich wegen der Einrichtung eines Lazaretts. Sehr viele von ihnen kehrten nach dem Krieg nicht zurück, sie waren den grausamen „Tötungsmaschinen“ des NS-Staates als lebensunwertes Leben zum Opfer gefallen.

Protokolle von Brüderabenden, seelsorgerliche Briefe des Vorstehers und verstreute Notizen lassen heute erkennen, wie schwer es war, sich den Einflüssen der nationalsozialistischen Ideologie zu entziehen, und wie der Druck der Zensur die gegenseitige geistliche Stärkung erschwerte.

Was alles geschah, ist unbeschreiblich. Beispielsweise gab es unter den Diakonen einen Bruder jüdischer Herkunft – ihm wurde Ehe und Einsegnung verweigert.
Überlebende Opfer und Täter haben daran zu tragen bis in die Gegenwart.

Nachfolgende Generationen werden es schwer haben, das Geschehene zu verstehen, und sie werden hoffentlich dazu beitragen, nichts davon zu verdrängen oder zu vergessen.

Umkehr und Neubeginn
Anfang November 1946 fand wieder ein Brüdertag statt, auf dem erste Zukunftspläne geschmiedet wurden.
Am 4. Mai 1954 wurde der erste diakonische Unterricht, als ein Zeichen der Eigenständigkeit des Lutherstiftes, endlich wieder aufgenommen.
Diakon Lütje Behnken wurde als Hausvater für die geistliche Ausrichtung des Lutherstiftes verantwortlich.

1955 ist die Zahl der in Ausbildung stehenden Lutherstiftler auf 25 angewachsen. 5 Brüder befinden sich im zweijährigen diakonischen Unterricht, 20 arbeiten als Praktikanten in den Rotenburger Anstalten.

Als ein neues Brüderhaus in Rotenburg unmittelbar vor der Grundsteinlegung steht, wird der Zielkonflikt zwischen Rotenburger Anstalten und Lutherstift sichtbar und unüberbrückbar:
Die Rotenburger Anstalten möchten die Diakonenausbildung im wesentlichen auf den pflegerischen Eigenbedarf beziehen. Das Lutherstift dagegen möchte, getreu dem Gründungsgedanken von 1920, junge Männer für alle Werke christlicher Barmherzigkeit in Kirche und Innerer Mission ausrüsten. Da eine finanziell wirtschaftliche Abhängigkeit des Lutherstiftes von den Rotenburger Anstalten besteht, ist die Krise vor Ort unlösbar.

So kommt es 1955 durch Vermittlung namhafter Vertreter aus Kirche und Diakonie zur Umsiedlung des Lutherstiftes nach Delmenhorst- Adelheide in das ev. Wichernstift des damaligen Christlichen Jugenddorfs Adelheide, das sich auf dem Kasernengelände eines ehemaligen Militärflugplatzes befand. Katechetischer, erzieherischer und pflegerischer Dienst konnten nun gleichwertig erlernt und verantwortet werden. Das gemeinschaftliche und geistliche Leben wurde geprägt von feststehenden Gebetszeiten, die in Anlehnung an die „Stundengebete“ der Michaelsbruderschaft gehalten wurden und somit den Tag strukturierten.

1957/58 wurden die Kasernen in Adelheide wieder für militärische Zwecke benötigt. Das ev.-luth. Wichernstift wurde in Ganderkesee-Elmeloh neu erbaut; das Lutherstift siedelte nach Ganderkesee-Falkenburg in ein ehemaliges Amtshaus über, das käuflich erworben werden konnte.

Das Lutherstift in Falkenburg
Dieses neue Lutherstift in Falkenburg umfasst nun einen großen, z. T. mit alten Buchen bestandenen Park, das alte Amtshaus, jetzt Brüderhaus genannt, und einen umgestalteten ehemaligen Viehstall, der als Laurentiuskapelle dem „geistlichen Leben“ der Hausbewohner, später auch als gottesdienstlicher Raum für den Ort Falkenburg dient. Daneben steht der Glockenturm mit einer von der ev. Kirchengemeinde Lohne geschenkten Glocke.
Am Trinitatissonntag 1958 fand die Einweihung durch die Bischöfe Lilje, Hannover und Jacobi, Oldenburg statt.

Die Ausbildung zu evangelischen Diakonen, die in Rotenburg begonnen und in Adelheide fortgesetzt wurde, wird jetzt in Falkenburg weitergeführt. Die Ausbildung umfasst 4 Jahre, davon 2 Jahre in Kursform, 2 weitere Jahre setzen sich zusammen aus sozialen, pädagogischen oder pflegerischen Praktika in unterschiedlichen kirchlichen und diakonischen Einrichtungen.

Man sprach damals vom „Zauber des Anfangs“(nach Hermann Hesse). Es musste fast alles aus dem Nichts beschafft werden, Essgeschirr, sämtliches Inventar u. dgl.
Hier bewährte sich, dass viele Diakonenschüler vorher einen Handwerksberuf erlernt hatten. „Ora et labora“ (bete und arbeite)- diesen Wahlspruch der Benediktiner lernten alle kennen, die hier lebten oder als Besucher gern aufgenommen wurden.
Schon 1963 konnte ein weiteres Haus, das „neue Brüderhaus“ eingeweiht werden, denn der alte Raum war zu eng geworden. Erwähnt sei, dass neben kirchlichen und staatlichen Zuschüssen die Brüderschaft freiwillig bis an die Grenze ihrer Möglichkeiten zur Finanzierung des Hauses beigetragen hat.

Zeiten und Ziele ändern sich
1968/69: Das Lutherstift – ein gemeinschaftlicher Lern- und Lebensraum eröffnet jetzt auch jungen Frauen die Ausbildung zur Diakonin.

Herbst 1971: Die grundständige Diakonen/Diakoninnenausbildung wird beendet. Der Diakonenberuf kann nun an der ev. Fachhochschule in Hannover erlernt werden.
Das Lutherstift wird Fort- und Weiterbildungsstätte für kirchliche und diakonische Mitarbeiter in Gemeinden und diakonischen Einrichtungen.
Dieser sehr wichtige Arbeitszweig hat bis heute Bestand.
In Fernunterricht, später als berufsbegleitender Unterricht bezeichnet, werden hier sog. Spätberufene oder Menschen in der zweiten Lebensphase weiterhin zu Diakoninnen und Diakonen ausgebildet. Diese Ausbildung geschieht in enger Kooperation mit der ev. Fachhochschule Hannover.

Innere Wandlung
1968/69: Die bisher allgemein übliche verpflichtende Mitgliedschaft in der „Brüderschaft“ für alle Diakone wird aufgehoben. Nach Beendigung der Ausbildung geschieht die Aufnahme auf Antrag.
Damit wird die „ Einsegnung“ zu einem Akt der Aufnahme in das kirchliche Diakonenamt. Die „feierliche Aufnahme“ führt in die Zugehörigkeit zur „Bruderschaft“.
In der Umkehrung heißt es, dass auch Menschen, die keine Ausbildung zum Diakon haben, aber im Sinne „diakonischer Existenz“ leben und arbeiten wollen, der Bruderschaft gleichberechtigt beitreten können.
Das berufsständische Denken tritt stärker in den Hintergrund.

Die geänderte Brüderordnung spricht nicht mehr von einer Diakonenbrüderschaft, sondern von einer Diakonie-Bruderschaft.
Gemeint ist damit eine Gemeinschaft, die sich im Sinne von Dietrich Bonhhoeffer nicht als eine psychische, sondern als eine „pneumatische“ (geistliche) Gemeinschaft versteht.

Ab 1970 werden auch Frauen Mitglieder der Bruderschaft.
Ab 1980 können auch Diakonenfrauen die eigene Mitgliedschaft erwerben.
1985 wird vom Gesamtkonvent die heute gültige Fassung einer veränderten Satzung beschlossen. Der neue Name lautet:

 

„Diakoniekonvent
-Brüder- und Schwesternschaft-
Lutherstift in Falkenburg e.V.“

 

Der Konvent bekennt sich ausdrücklich zu seiner im Jahre 1920 beginnenden Geschichte und formuliert seine Ziele vornehmlich so:

„in den verborgenen und offenen Notsituationen der Menschen und der Gesellschaft zu helfen, vor allem dort, wo noch keine oder keine ausreichende Hilfe vorhanden ist

sich um mehr Gemeinsamkeiten mit Christen anderer Konfessionen zu bemühen und das gegenseitige Verständnis der Menschen verschiedener Religion und Kultur zu fördern

an der Erneuerung der Gemeinde und des Gottesdienstes aus dem Geist der Diakonie mitzuarbeiten.“

 

Stand des Lutherstiftes im Jahre 2004
Zum Diakoniekonvent gehören Frauen und Männer.
Gegliedert ist der Konvent in Regionalkonvente. In ihnen werden Beschlüsse für den Gesamtkonvent vorbereitet, Aufgaben beraten, wird Gemeinschaft, auch unter seelsorgerlichen Aspekten gepflegt.


Der Konvent hatte bis zur Einstellung des Geschäftsbetriebes 2012 teil an der Verantwortung für die Einrichtung: Bildungszentrum Lutherstift Falkenburg.

Das Laurentiushaus.
Der Diakoniekonvent hat das Laurentiushaus von 1980 bis 2010 betrieben. Eine Bildungs- und Begegnungsstätte für Behinderte und Nichtbehinderte. Dieses Haus konnte auch als Beleghaus genutzt werden. Es war in alleiniger Trägerschaft des Diakoniekonventes.

 

Ihm angeschlossen ist bis heute die Jakobusklause, eine Übernachtungsstelle für Nichtsesshafte.

 

Auch das Refugium ist ein Angebot des Konventes. Die dort wohnenden Konventsfamilien leben Gemeinschaft. Sie sehen ihre Verantwortung für das spirituelle Leben im Gesamtgefüge des Lutherstiftes.

Refugium bedeutet auch die Rückzugsmöglichkeit in eine kleine Wohnung, die kurzfristig angemietet werden kann und in der Betreuung der Refugiumsbewohner steht.
Die Bibelscheune, eine Einrichtung der Deutschen Bibelgesellschaft, Arbeitsgemeinschaft Nord-West e.V., ist eine ständige Ausstellung zum Kennenlernen der Bibel in ihren vielfältigen Erscheinungsformen mit dem Ziel ihrer Verbreitung. Sie wird gerne von den Gästen in Anspruch genommen. Führungen für Gemeindegruppen können vereinbart werden.

Zum Abschluss
Für den Diakoniekonvent ist der Ortteil Falkenburg Zentrum und Heimat. Die Mitglieder sehen ihre Arbeit in Falkenburg als Auftrag und Verpflichtung. Zweimal im Jahr begegnen sie sich dort, zum Konventsfest am Sonntag Trinitatis und zur Beratung im Gesamtkonvent im Herbst. Im Konventsrat und in mehreren Arbeitsausschüssen wird in den Zwischenzeiten die Arbeit begleitet.

Diakoniekonvent Lutherstift
Hasbruchstr. 6b
27777 Ganderkesee

Tel: 04222 9475310
URL:
www.diakoniekonvent.de

Email: info(at)lutherstift(dot)de

 

Email für die Buchung des Konventshauses an:

konventshaus(at)lutherstift(dot)de

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